Die PVS für Menu

Neue GOÄ - Was kommt auf Ärzte zu?

GOÄcetera - Folge 9

Endlich! Eine neue Gebührenordnung scheint in greifbarer Nähe. Für Ärzte heißt das: Mehr wirtschaftliche Sicherheit und klare Preise für alle medizinischen Leistungen. Doch was steht in der aktuellen Version, die zur Diskussion steht, genau? Unsere Experten Herr Dr. Klinger, HNO-Facharzt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des PVS-Verbands und GOÄ-Ausschussvorsitzender des Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. sowie Herr Robert Schneider, Hauptgeschäftsführer SpiFa klären diese Fragen in der neunten Folge GOÄcetera.

Die neunte Folge von GOÄcetera zum ansehen:

Die neunte Folge von GOÄcetera zum anhören:

Die neunte Folge von GOÄcetera zum nachlesen:

  • Herr Dr. Martin Völckers (Intro): Eine neue Gebührenordnung bringt viel Arbeit mit sich, das heißt zunächst einmal, dass sich alle, die in der Leistungserbringung tätig sind und vor allem natürlich die Ärzte, aber auch die an den Leistungen beteiligten Mitarbeiter im Bereich der Verwaltung oder auch im Bereich der Medizinischen Fachangestellten in diese neue Systematik einarbeiten müssen. Das wird viel Aufwand und da brauchen wir möglichst viel Unterstützung von den Abrechnungsinstitutionen zum Beispiel der Privatärztlichen Verrechnungsstelle, über die wir arbeiten, sodass wir dort möglichst zügig dahinkommen, unsere Leistungen sachgerecht in gute Rechnungen zu überführen.
  • Herr Robert Schneider: Ja, ich begrüße Sie, Herr Dr. Klinger, herzlich willkommen. Sie als Vorstandsmitglied des PVS-Verbandes und Ausschussvorsitzender des GOÄ-Ausschusses im SpiFa. Wie wir gerade schon gehört haben: „Der Aufwand wird sich für Ärzte bei der neuen Gebührenordnung Ärzte erheblich ändern.“ Was glauben Sie, was kommt auf Ärzte und auch die Einrichtungen als Aufwand zu, wenn diese neue Gebührenordnung Ärzte in Kraft tritt?
  • Herr Dr. Michael Klinger: Ja, Herr Schneider, schön, dass Sie dabei sind. Wir beide arbeiten ja sozusagen an der gleichen Front. Wir beide haben ein hohes Interesse daran, dass die neue GOÄ kommt. Sie als Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbandes Fachärzte sind da genauso gut im Thema. Ja, ich kann Ihnen sagen, das Volumen wird zunehmen. Das Volumen wird deswegen zunehmen und damit natürlich auch das, was wir alle neu lernen müssen, weil inzwischen in der neuen GOÄ alle Leistungen abgebildet sind, die man sich nach aktuellem medizinischen Stand so vorstellen kann.

    Also „alle Leistungen“ heißt, die neuen Leistungen, die in den letzten 30 Jahren ihren Weg nicht in die Gebührenordnung gefunden haben, sondern zusätzlich werden wir auch Leistungen finden, die durch die privaten Krankenversicherungen nicht erstattet werden. Und das macht so ein Gebührenwerk natürlich groß und umfangreich, aber eben auch modern.
  • Herr Robert Schneider: Sie sagten gerade „ein großer Umfang eines neuen Regelwerks der Gebührenordnung Ärzte“. Man kann vom Verdoppeln sprechen, vom Umfang, wenn man darauf schaut. In den Praxen finden wir ja sehr viel Unterstützung durch Software, die wir auf den Computersystemen haben. Wir arbeiten aber alle mit vielen unterschiedlichen Programmen. Was glauben Sie, wie wird das umgesetzt? Was kommt da auf die Praxen zu? An der Front?
  • Herr Dr. Michael Klinger: Also da kommt nicht nur auf die Praxen eine Menge Arbeit zu. Selbstverständlich, wie eben schon gesagt, gibt es einen Haufen zu lernen. Genauso wichtig ist es aber auch, dass die Softwarehäuser, ihre Hausaufgaben machen müssen. Wir haben sehr viele unterschiedliche Praxis-Programme und das führt dazu, dass jedes Softwarehaus für sich diese neue GOÄ implementieren muss, gegebenenfalls auch neue Schnittstellen herstellen muss, damit uns diese Gebührenordnung zur Verfügung steht. Die Arbeit, und das ist fast die größte Arbeit, ist die, die die Abrechnungsstellen leisten müssen.

    Denn wenn wir eine Rechnung übergeben, dann gibt es Module, die prüfen sollen, ob das, was wir da abgeben, auch korrekt ist und ob das alles passt. Und das wird eine riesige Arbeit sein. Und das hat zu tun mit der neuen Struktur der neuen GOÄ.
  • Herr Robert Schneider: „Größerer Umfang, neue Struktur in der neuen Fassung der Gebührenordnung Ärzte“: Können Sie uns ein klein bisschen mehr Details geben – was hat sich geändert in der Gebührenordnung Ärzte?
  • Herr Dr. Michael Klinger: Also es ist so, dass in der neuen Gebührenordnung aktuell Preise stehen. Wir sind das System von Punkten, die wir aus der alten GOÄ kennen, endlich los. Damit waren wir auch nicht glücklich. Das führt aber auch dazu, dass es keine Steigerungsfaktoren mehr gibt, weil es gibt eine feste Bepreisung. Da es aber natürlich schon mal Schwierigkeiten oder Erschwernisse gibt, die einen gewissen Zuschlag nötig machen, gibt es auch in der neuen Gebührenordnung eine entsprechende Zuschlagssystematik, die relativ aufwendig ist.

    Das ist dadurch begründet, dass einzelne Hauptleistungen jeweils auch eigene Zuschlagsziffern haben. Und bei dem Volumen kann man sich vorstellen: Es gibt nicht eine Zuschlagsziffer, nehmen wir mal für das Alter, die man über alle Ziffern anwenden kann. Außerdem ist die Struktur komplett neu, habe ich gerade gesagt. Es gibt zum Beispiel das Kapitel L. In diesem Kapitel L sind sämtliche operativen Leistungen fachübergreifend zusammengeführt. In den Unterkapiteln findet man die Fächer dann wieder. Und in diesem Kapitel L ist es so, da gibt es noch mal wieder spezielle Zuschlagssysteme.

    Zwei Beispiele für erschwerte Operationen: Operationen, die an Hand und Gesicht stattfinden. Da wird unterstellt, das ist schwer. Aber es gibt auch extra Zuschläge für Leistungen, die durch die Komplexierung, die wir jetzt vorfinden, also nicht mehr Teilschritte, die addiert werden und dann eine Gesamt-OP-Leistung ausmachen. Es gibt aber tatsächlich Operationen, da sind diese Teilschritte doch vonnöten. Die sind zwar selten, aber vonnöten. Die findet man dann wieder.

    Beispiel: Die Osteophytenabtragung in der Hüftendoprothetik. Das ist natürlich notwendig, insofern muss auch kein Arzt Angst haben: Es gibt keine Zuschläge mehr.
  • Herr Robert Schneider: Also eine neue Struktur in allen Kapiteln, ein Sonderkapitel für operative Leistungen. Wie schaut es eigentlich im nicht operativen Bereich aus? Gibt es da auch prägnante Details?
  • Herr Dr. Michael Klinge: Ja, gibt es. Das, was eigentlich immer Forderung war, auch in der GKV, nämlich die Betonung der sprechenden Medizin. Das finden wir hier wieder. Und dem hat man Rechnung getragen. Da wird es dann eine entsprechende Zeittaktung geben. Das werden Zehn-Minuten-Schritte sein, die man da zur Abrechnung ansetzen können wird. Dann haben wir und das ist auch eine echte Neuerung, kein Ausschluss mehr von Gesprächsleistungen zu technischen Leistungen. Ein Beispiel: Wenn Sie jemand haben mit einem Ohrgeräusch, also Tinnitus, das ist ein gesprächsintensives Problem, dann durften Sie zwar viel sprechen (alte Gebührenordnung, die Ziffer 3 ausführliche Beratung), aber technische Leistungen durften Sie nicht hinzufügen.

    Das hat sich jetzt geändert. Und schließlich gibt es neue Pauschalen, und zwar Pauschalen, sowohl für multimorbide als auch für spezifisch chronische Erkrankungen, Beispiel Rheuma. Und da würde es so aussehen, dass Sie eine Ziffer haben, die allerdings eine Voraussetzung hat, das ist auch neu: Sie brauchen einen Mindestkontaktzeit, zwischen Arzt und Patient. In diesem Fall von Rheuma ist es dreimal im Kalenderjahr. Wenn Sie das erfüllen, dann dürfen Sie diese entsprechend gut bewertete Ziffer ansetzen.
  • Herr Robert Schneider: Okay, wir haben viel gelernt, gerade über die Struktur und was in der Zukunft neu sein wird. Werfen wir einen Blick auf die Preise. Preise sind wichtig, auch für Ärzte. Es handelt sich hier um eine Gebührenordnung, ein Bundesgesetz. Wie sieht es da aus für den freien Beruf Ärzte? Was kommt auf die zu?
  • Herr Dr. Michael Klinger: Also es wird eine gewisse Sicherheit geben, auch wenn man das im ersten Moment vielleicht nicht glauben mag. Sicherheit aufseiten des Patienten sowieso, weil der Patient ab sofort auch für die Leistungen, die nicht von privaten Krankenversicherern erstattet werden, genau weiß, was er bezahlen werden muss. Aber auf der anderen Seite auch für Ärzte, denn die Preise, die wir finden, sind sauber betriebswirtschaftlich kalkuliert. Das heißt, der Arzt darf sicher sein, dass er adäquat entlohnt wird. Und schließlich ist es so, dass wir es mit einem lebendigen System in der neuen GOÄ zu tun haben.

    Das heißt, wenn neue Leistungen kommen in der Zukunft, dann wird es so sein, dass die auf einem einfachen Weg in die neue GOÄ hineinkommen können und dass es auch da keine Diskussion geben wird, weil es da sofort auch eine entsprechende Kalkulation und Bepreisung geben wird.
  • Herr Robert Schneider: Das klingt ja ganz positiv wie Sie das gerade beschreiben. Aber kommen wir vielleicht noch mal zu diesem Thema Aufwand zurück, weil mit Reformen geht immer Aufwand einher. Was kommt da konkret auf die Ärzte und auch auf das Personal in den Praxen zu? Wie schätzen Sie das ein?
  • Herr Dr. Michael Klinger: Also ein dickes Buch. Viele Leistungen bedeutet natürlich: viel lernen. Das wird auf jeden Fall Ärzte betreffen. Das wird auf jeden Fall MFAs betreffen. Das wird schon mal der große Packen an Aufwand sein. Auf der anderen Seite wird es dafür Hilfe geben. Es wird Hilfe geben, Seitens der Abrechnungsstellen der PVS'n zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den Experten der Bundesärztekammer. Also wir werden da nicht alleingelassen und am Ende sind wir auch verpflichtet, wenn wir eine Rechnung an eine PVS geben, dass die dann geprüft und auch entsprechend sauber und rechtskräftig bepreist wird.
  • Herr Robert Schneider: Also lassen Sie uns zusammenfassen. Klingt ganz positiv, was Sie schildern. Wir haben zwar eine neue Struktur mit neuen Leistungen, auch Preisen, die eigentlich betriebswirtschaftlich kalkuliert sind. Aber es gibt auch Hilfestellung bei der Umsetzung. Bleibt uns eigentlich nur noch zu hoffen, dass in den nächsten 100 Tagen das Reformwerk dann auch umgesetzt wird. Vielen Dank, Herr Dr. Klinger, für das Gespräch.
  • Herr Dr. Michael Klinger: Ja, vielen Dank, Herr Schneider, und lassen Sie uns beide die Daumen drücken.
Cookie-Einstellungen